- Der Prototyp der Rutsche entstand auf dem Betriebsgelände von Gerstlauer.
Gestaltung | |
Größe | |
Angebotsvielfalt | |
Hygiene | |
Temperatur | |
Rutschen | |
Umkleiden | |
Personal | |
Eintrittspreis | |
Gesamtwertung |
Die Bewertung der Wasserrutsche(n) zählt doppelt! Je niedriger der Score, desto besser die Bewertung.
wiegand.maelzer GmbH
Würmstr. 4
82319 Starnberg
Zur Homepage
SlideWheel Prototyp im Test!
Münsterhausen - besucht am 07.10.17
Ein beschaulicher Ort im Kreis Günzburg, 1979 Einwohner. Wir befinden uns in Münsterhausen. Den Freizeitparkfans unter euch wird dieser Ort ein Begriff sein, denn in Münsterhausen wurden einst die Achterbahnen der berühmten Schwarzkopf GmbH gebaut. Mittlerweile fertigt hier die Firma Gerstlauer hauptsächlich Freizeitparkattraktionen, die auf der ganzen Welt zuhause sind. Bekannte Beispiele sind unter anderem der Schwur des Kärnan im Hansa-Park oder die beliebten Eurofighter mit senkrechtem Lift. Wir sind allerdings heute zum Rutschen hier: Auf dem Werkshof von Gerstlauer steht nämlich nichts Geringeres als der Prototyp des Slidewheels von Wiegand-Maelzer!
Das Slidewheel ist die weltweit erste rotierende Wasserrutsche. Innerhalb eines gigantischen, drehenden Knotens aus Rutschenteilen wird man durch die Bewegung vorwärts getrieben. Ein Modell dieser außergewöhnlichen Wasserrutsche wurde bereits im Jahr 2013 von Wiegand-Maelzer auf verschiedenen Fachmessen präsentiert und seitdem stetig weiterentwickelt. Das Rad wurde dabei größer, die Röhren dicker und die Anordnung der Rutschenteile erinnert mittlerweile an einen Stern.
Das erste Slidewheel soll schon im Jahr 2018 im Chimelong Waterpark in Guangzhou (China) eröffnet werden. Es handelt sich um exakt jene Rutsche, welche hier bei Gerstlauer steht - nach der Testphase wird die Anlage demontiert und nach China verschifft. Wir waren ja richtig gespannt, wie das Rutschgefühl bei dieser doch enorm ungewöhnlichen Rutsche sein wird. Auf den Renderings sah es ja schon alles sehr vielversprechend aus, allerdings konnte man sich bisher unter dem Rutschgefühl noch nicht wirklich etwas vorstellen. Umso aufgeregter waren wir, zu den ersten Testern zu gehören!
Zwischen Fabrikhallen, Bürogebäuden und auf dem Boden verstreuten Achterbahn-Schienenteilen ragt das bunte Rutschenknäuel in die Höhe:
Noch bevor man in die Ortschaft Münsterhausen einfährt, ist das Slidewheel in der Ferne zu erkennen und setzt schon fast ein neues Landmark im Dorf. Das Ding ist riesig: Der Knoten ist insgesamt 22,6 Meter hoch und fast genauso breit. Angetrieben wird das etwa 135 Tonnen schwere Konstrukt von großen Motoren, welche in ähnlicher Form auch bei Riesenrädern verwendet werden. Und genau hier kommt auch die Firma Gerstlauer ins Spiel, welche nämlich den Antrieb beisteuerte. Gerade bei einem so neuen Konzept liegt es auf der Hand, sich Firmen ins Boot zu holen, die über Know-How in diesem Bereich verfügen.
Der Einstieg liegt in der Mitte des Rutschen-Rades, auf Höhe der Rotationsachse:
Während man im Chimelong Waterpark höchstwahrscheinlich bequem über Treppen nach oben zum Start gelangt - welcher immerhin in 11,5 Metern Höhe liegt - ging es beim Prototypen über noch etwas provisorisch wirkende Baugerüste nach oben. Und zwar mit Helm und Schuhwerk! Während der Testphase war zudem das Tragen von Neoprenanzügen sowie eines Rückenpolsters Pflicht. Für den reibungslosen Ablauf waren auch zahlreiche Wasserwachten aus umliegenden Städten vor Ort.
Gerutscht wird in Viererbooten von Z-Pro. Diese basieren auf den klassischen Rafts, welche man zumeist bei den Family Raftings vorfindet, hier wurden im Inneren allerdings Trennstege eingearbeitet. Dadurch entstehen vier "Abteile" mit eigenen Haltegriffen, sodass man sich innerhalb des Reifens festhalten kann und stabiler sitzt. In China wird ein Transportsystem dafür sorgen, dass die Rundboote vom Auslauf automatisch zum Start transportiert werden. Beim Prototypen übernahm diese Aufgabe noch ein Kran. Also nach jeder Runde das Boot am Auslauf einklinken, vom Kran zum Start rüberhieven lassen und dort wieder ausklinken.
Hier kommt wieder ein Reifen. Kopf einziehen!
Einsteigen bitte!
Der Boarding-Prozess funktioniert mit zwei Förderbändern, welche von der Firma Chairkit stammen. Auf dem hinteren, längeren Band können zwei Boote hintereinander beladen werden. Das vordere Band schiebt die Gäste schließlich über Rollen in die Rutsche hinein. Da sich die Rutsche dreht, ist das Starten nur bei einer bestimmten Position des Wheels möglich. Das wird aber alles elektronisch geregelt - der "Ride Operator" hat bei jedem Startvorgang einen gewissen zeitlichen Rahmen, in welchem er das Förderband initialisieren kann. Verstreicht dieser Zeitraum, wird das Förderband wieder blockiert und es muss eine weitere Drehung abgewartet werden. Bis zu drei Boote können sich gleichzeitig in der Rutsche befinden. Für den finalen Betrieb des Slidewheels ist übrigens eine Rotationsgeschwindigkeit von 2 Runden pro Minute vorgesehen. Während unserer Tests lief das Slidewheel "nur" auf 1,5 Umdrehungen pro Minute.
Gespannt waren wir ja auch auf die Wasserversorgung. Das Slidewheel wird nicht durchgehend bewässert. Vielmehr wird mit jedem Raft ein (sehr) großer Schwall Wasser mit nach unten geschickt, in welchem man die ganze Zeit rutscht und in welchem man die Rutsche auch wieder verlässt. Jedes Boot bekommt somit sozusagen sein eigenes Wasser, welches danach rausschwappt und wieder in den Pumpenkreislauf übergeht.
Und dann kann es auch endlich losgehen - die Rutschpartie auf dem ersten funktionierenden Slidewheel der Welt beginnt!
Und was passiert nun? Man befindet sich jetzt innerhalb der drehenden Struktur und wird durch die Rotation konstant vorwärts getrieben. Nach drei Umdrehungen wird man auf der anderen Seite wieder aus der Rutsche herausgespült - bei einer Geschwindigkeit von 1,5 U/min pro Minute dauert die Rutschpartie also 2 Minuten. Einen recht guten Überblick zur Funktionsweise des Slidewheels liefert eine Animation von Wiegand-Maelzer, in welcher man die Bewegungen des Rutschreifens gut nachvollziehen kann.
Der insgesamt 140 Meter lange Streckenverlauf ist grob in drei Abschnitte eingeteilt, welche übrigens an die Logo-Farben des Chimelong Parks angelehnt sind und sogar einen Spannungsbogen aufbauen. Zunächst geht es durch den grünen Abschnitt, welcher mit einem Drop beginnt:
Die grüne ist die langsamste der drei Sektionen, aber somit perfekt, um sich auf die Rutschpartie vorzubereiten. Zunächst geht es einen Drop abwärts, danach wird man merklich langsamer und schwingt von vorne nach hinten. Hier stellt sich ein lustiger Effekt ein, den man wohl vor allem mit den Madhouses im Freizeitpark (z.B. Fluch der Kassandra im Europa-Park) vergleichen kann. Man merkt die Bewegung um sich herum, kann dies visuell aber nicht einordnen, da man sich im Inneren entgegengesetzt bewegt. Orientierungsverlust: Check!
Der violette zweite Abschnitt ist dann der klar heftigste:
Hier nimmt man merklich an Geschwindigkeit zu und schwingt enorm stark hin und her, was extrem unerwartet kommt, da man die Gefällestrecken nicht sehen kann. Man wird zum Spielball der Gravitation und schaukelt innerhalb der Röhre vor und zurück. Dabei gilt es auch kleine Aufwärtsstrecken zu überwinden.
Es ist extrem schwierig, dieses Rutscherlebnis mit Worten zu beschreiben. Während sich die Rutsche dreht, bleibt man immer am tiefsten Punkt des Knäuels und schwingt je nach Kurve extrem weit hin und her. Wir haben festgestellt, dass man selbst bei identischer Beladung der Boote durchaus unterschiedliche Rutscherfahrungen macht. Bei einem Durchgang reicht der Schwung der ersten Pendelbewegung nach oben noch aus, um über den nächsten Hügel zu kommen, ein anderes Mal nicht, sodass man noch einmal mehr pendelt und dadurch von weiter oben herunterrutscht - und damit viel heftiger in die Kurve einfährt. Sehr schwierig zu erklären, muss man selbst erlebt haben.
Der dritte und letzte Abschnitt ist orange:
Vor allem der Übergang zwischen Lila und Orange kommt extrem schwungvoll und intensiv rüber! Man schwingt mit einem Megatempo die recht enge Kurve hoch und bekommt die volle Ladung Wasser ab. Das ist heftiger als so manche Boomerang- oder Halfpipe-Wasserrutsche. Die Beschleunigung kommt zudem sehr plötzlich und unerwartet, da man auch hier das Gefälle optisch gar nicht wahrnimmt. Echt verrückt.
Danach baut man die Geschwindigkeit wieder ab und erreicht relativ langsam das Ende der Rutsche:
Der Ausstieg befindet sich auf derselben Höhe wie der Start, direkt auf der anderen Seite:
In China wird hier allerdings noch eine weitere Rutsche angeschlossen sein, welche die Badegäste zurück auf Bodenniveau bringt. Dort wird dann auch das Boot abgegeben und per Lift zurück zum Einstiegsbereich transportiert.
Wir waren vom Konzept des Slidewheels begeistert. Allein die beeindruckenden Dimensionen der Attraktion machen schon was her und sind ein absoluter Eyecatcher. Das Rutschgefühl ist vollkommen crazy und nicht im Ansatz mit etwas bereits Vorhandenem vergleichbar. Dadurch, dass man die Drehbewegung nach den ersten Metern fast gar nicht mehr wahrnimmt, ist es irgendwie total seltsam, so plötzlich zu beschleunigen, obwohl man kein Gefälle vor sich sieht. Wie gesagt ist es verdammt schwer, hier die richtigen Worte zu finden und das Erlebnis zu beschreiben. In unserem Augen birgt das Slidewheel definitiv Potenzial für weitere Anlagen und würde in die Therme Erding, welche ja auch schon Interesse bekundet hat, sicher prima passen. Wer weiß - vielleicht könnt ihr euch in ein paar Jahren in Erding ja schon bald ein eigenes Bild dieser genialen Attraktion machen!
Zum Abschluss noch ein paar Worte zur Sicherheit. Oftmals kam die Frage auf, was denn passiert, wenn der Motor versagt und das Rad stehen bleibt. Ist man dann etwa in der Rutsche gefangen? Die Antwort lautet natürlich Nein. Das Slidewheel ist mit einem Notstromaggregat ausgerüstet. Außerdem verfügt das Rad über vier Antriebe, von denen nur drei nötig wären, sodass selbst bei Ausfall eines Antriebs noch genug Power zum Drehbetrieb vorhanden ist. Und für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die anderen Antriebe doch mal versagen sollten, bleibt immer noch die Möglichkeit, die Rutschenden durch zahlreiche Notausstiegsklappen zu befreien. Letzteres wurde im Rahmen einer großen Evakuierungsübung der Wasserwacht auch bei unserem Besuch geprobt - alles ohne Probleme.
Vom Modell...
...zur Realität!
User-Kommentare zu diesem Bericht
Zu diesem Bericht gibt es noch keine Kommentare. Schreibe doch den Ersten!Die Kommentarfunktion steht derzeit leider nicht zur Verfügung.